RÖMISCHE AQUILEIA

         
 

eute ist Aquileia - das nach jüngsten Ausgrabungen nachweislich bereits in der Eisenzeit besiedelt war - ein heiteres, ländliches Städtchen in der friulanischen Tiefebene von knapp über dreitausend Einwohnern; es liegt in der Nähe vom Meer und vom Badeort Grado und gewährt dem Besucher staunenden Einblick in seine zahlreichen, gloriosen Zeugen einer glanzvollen Vergangenheit. 
    „Aquileia, nahe an der Bucht des Adriatischen Meeres gelegen, wurde von den Römern gegründet und zum Schutz gegen die aus dem Landesinneren eindringenden Barbaren befestigt. Per Schiff erreicht man die Stadt, wenn der Natiso für rund 60 Stadien (Anm.d.A. rund 10 km) flussaufwärts befahren wird. Sie ist ein Handelsplatz für die illyrischen Völker, die entlang des Istro (Donau) angesiedelt sind: diese Völker kommen hierher, um die über das Meer beförderten Waren zu übernehmen, den Wein, den sie in Holzfässern abgefüllt auf ihre Wagen laden und schließlich das Öl, während die lokalen Bevölkerungen hier ihre Sklaven, Vieh und Häute einkaufen“. So beschreibt Strabone, Verfasser einer Geo-grafia, die gegen Ende der Herrschaft des Augustus und Beginn der tiberianischen Ära entstanden ist, die Merkmale von Aquileia (1,8), eine römische Kolonie, die 181 v.Chr. von den Konsuln P. Scipione Nasica, C. Flaminio und Lucio Manlio Acidino auf Befehl des Senats gegründet wurde, um dem von den gallischen und karnischen Völkern ausgeübten Druck entgegenzuwirken und eine Basis für künftige militärische Operationen zu schaffen. 
    Das erste Kontingent zählte 3000 Kolonen, bestehend aus einfachen Soldaten, Zenturionen und Reitern, das 169 v.Chr. durch weitere 1500 Männer mit ihren Familien verstärkt wurde: es kann angenommen werden, dass die Bevölkerung auf diese Weise eine Zahl von rund 20.000 Ansässigen erreicht hatte, die sich in der Epoche der größten Ausdehnung der Stadt verzehnfachen sollte. Dazu kommen noch alle auf der Durchreise befindlichen Personen, vor allem Kaufleute aus den Gebieten nördlich der Alpen, aber auch aus allen Ländern des Mittelmeeres wie Kleinasien, Syrien, Spanien, Tunesien und Arabien; nicht zu vergessen auch die Sklaven und vor allem die Soldaten, die vor ihren Feldzügen nach Pannonia, Germania und Dalmatia häufig in der Stadt Station machten. 
    Julius Cäsar, Trajan, Mark Aurel und Lucio Verus, Maximinus Thrax, Alarich, König der Westgoten und der Hunnenkönig Attila sind weitere berühmte Persönlichkeiten, die sich in der Grenzstadt aufgehalten hatten. 
    Die neue Kolonie wurde über wichtige Verkehrsachsen rasch an das Straßennetz der Poebene angeschlossen: die Via Annia, errichtet 153 v.Chr., mit der die Verbindung über Padua und Altino nach Rimini hergestellt wurde und 148 v.Chr., die Postu-mia, die über Sevegliano, Codroipo, Oderzo, Treviso, Vicenza, Verona, Cremona, Piacenza und Tortona nach Genua führte. 

   

    Über die Via Julia Augusta gelangte man von Aquileia nach Noricum und in die wichtige Siedlung Magdalensberg, während die Verbindung mit Emona (Laibach) über eine Streckenführung von Aquileia über Villesse, Gradisca und Pons Sontii (bei Mainizza befand sich die Brücke über den Isonzo) nach mutatio Castra (Aidussina) und schließlich nach Emona hergestellt wurde. Eine Straße an der Küste führte schließlich nach Tergeste (Triest) und Pula. 
    Felix, populosa, splendida, sublimis, inclita divitiis, clara: glücklich, volkreich, vornehm, glänzend, angesehen wegen ihrer Reichtümer, berühmt: das sind einige der Beiwörter, mit denen die Stadt Aquileia von den Schriftstellern der Antike beschrieben wird, die von der Pracht dieser Stadt beeindruckt waren. 
    Wir können uns heute all diesen Prunk nur schwer vorstellen, der durch Jahrhunderte der Umbauten, Anpassungen, Verwendung von Materialien für andere Bauten und Plünderungen zerstört worden ist, bis Mitte des 18. Jh. endgültig alles abgerissen wurde, was noch an sichtbaren Bauwerken bestanden hatte. 

(fortsetzung folgt )

 
 
Urne cinerarie in pietra nell’area del   Museo archeologico nazionale Stone cinerary urns in the grounds of the National Archaeological Museum Steinurnen auf dem Gelände des Archäologischen Nationalmuseums